Das “deutsche Problem”

Das “deutsche Problem”

Beim Thema Flüchtlinge überbieten sich unsere deutschen Politiker ja grad gegenseitig, was politische Korrektheit angeht – Horst Seehofer und seine CSU mal ausgenommen. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban schert sich dagegen herzlich wenig um die Meinung anderer. Er spricht aus, was er denkt, ist gegen die Änderung der kulturellen und ethnischen Zusammensetzung der ungarischen Bevölkerung. Die Flucht der Menschen gen Westeuropa hält er für übertrieben, Asyl könne man genauso gut in der Türkei, Griechenland oder Mazedonien beantragen. Daher forderte er am Sonntag Deutschland und Österreich auf, keine weiteren Flüchtlinge mehr aufzunehmen. Ansonsten kämen mehrere Millionen Menschen nach Europa. Er spricht vom “deutschen Problem”, womit er in meinen Augen nicht ganz Unrecht hat.

Ungarn vertrete laut Orban übrigens keinen “anti-islamischen” Standpunkt. Die Muslimische Gemeinschaft im Land werde geschätzt:

Jawohl, wir freuen uns darüber, dass es an unseren Boulevards Kebab-Buden gibt.

Über sowas kann man entweder schmunzeln oder sich so richtig dran abarbeiten. Frank Grubitzsch von der Sächsischen Zeitung kann das wirklich gut. Er träumt in seinem heutigen Kommentar wieder mal von der Einigkeit der EU-Mitglieder und einer gemeinsamen Lösung, welche die Verteilung der Flüchtlinge auf die einzelnen Länder vorsieht. Ihm ist unverständlich, warum sich Orban einer sachlichen Debatte verweigert. Orban bestärke die anderen osteuropäischen Länder in ihrer ablehnenden Haltung. Das alles mache eine politische Lösung des Problems unmöglich.

Nun ja, Herr Grubitzsch scheint diesen Sommer einen ausgedehnten Urlaub gemacht zu haben. Sonst hätte er vielleicht mitbekommen, dass es mit der Solidarität innerhalb der Europäischen Union nicht weit her ist: Oder wie soll man den Ausverkauf Griechenlands sonst verstehen? Das Land siecht nun weiter vor sich hin. Aber immerhin sind die eigenen Wähler beruhigt – und die Börse natürlich. Vorerst jedenfalls, bis zum nächsten Mal.

Warum sollte sich Orban also an einer gemeinsamen Lösung für das “deutsche Problem” beteiligen? Innenpolitisch kann er da nur verlieren. Und wie würde sich eigentlich Deutschland verhalten, wenn es ein vergleichbares “ungarisches Problem” gäbe? Fragen über Fragen …