Qualitätsjournalismus

Zeitunglesen ist in den letzten Jahren zum Denksport geworden. Ständig muss man Antworten auf Fragen wie diese finden: Was möchte mir der Autor mit seinem Text eigentlich sagen? Ist das jetzt noch eine Nachricht oder schon ein Kommentar? Was soll dieser arrogante Unterton? Wieso will mich der Schreiberling jetzt belehren? Warum macht er das? Ist der Autor vielleicht Mitglied irgendeines Think Tanks? Und so weiter und so fort.

Unter Qualität verstehe ich etwas anderes. Ich bin daher dazu übergegangen Bücher zu lesen und mich intensiver mit einem Thema zu beschäftigen. So habe ich letztes Jahr z. B. fünf Bücher zum Thema Geld gelesen: Funktion(en), Arten, Geschichte, wer schöpft es, wem nützt es (aktuell), was gibt es für Alternativen (zu unserem Schuldgeldsystem). Das war alles sehr spannend und aufschlussreich.

Je mehr man sich beliest, um so stärker steigt dann allerdings auch der Blutdruck, wenn mal wieder einer der Schreiberlinge den Erklärbär gibt. Meistens wird einfach nur nachgeplappert, was irgend ein Experte oder Lobbyist zum Besten gegeben hat. Garniert mit etwas Empörung, falls sich dann doch ein Strolch erdreisten sollte, eine andere Ansicht zu vertreten.

Zuletzt ließ sich das wunderschön beobachten, als der alljährliche Singsang auf den deutschen Exportüberschuss anstand. Die hiesige Presse überschlug sich wieder vor Freude. Keine ehrliche Analyse, keine Kritik an unserem exorbitanten Importdefizit. Denn was tun wir damit? Wir exportieren Schulden und Arbeitslosigkeit! Schauen wir uns doch nur mal in der Eurozone um: Ganz trübe Zustände und Aussichten! Am schlimmsten hats Griechenland getroffen, das zum Versuchslabor des IWF, der EZB und der Eurogruppe verkommen ist. Wie weit kann man mit Austeritätspolitik eigentlich gehen? Was hält eine Gesellschaft aus? Mal sehen welches Land als nächstes dran ist. Portugal vielleicht? Oder Irland? In Politik, Wirtschaft und Medien feiert man sich und den Euro dagegen noch immer als Garanten für Frieden und Völkerverständigung. Der einzige Wermutstropfen des Brexit – aus meiner Sicht – ist wohl der Abgang von Nigel Farage aus dem EU-Parlament. Der wird zukünftig leider nicht mehr den Finger in die Wunde legen. Innerhalb Deutschlands siehts leider auch nicht viel besser aus: prekäre Arbeitsverhältnisse, Hartz IV (Fordern statt Fördern), äußerst magere Lohnentwicklung, kaputte Rente, steigende Armut, mehr Überwachung, etc.

Gestern nun gabs mal wieder eine neue Folge der unendlichen Geschichte vom Fachkräftemangel. Sandro Rahrisch fragt in der Sächsischen Zeitung: Wo sind die Erzieher? Im Artikel heißt es:

“Der Markt an Erziehern ist leer gefegt”, sagt Sascha König-Apel. Die Arbeitsagentur kann das mit Zahlen belegen. Derzeit kämen auf eine freie Stelle rechnerisch dreieinhalb Bewerber.

Ja, einfach unglaublich dieser Mangel! Bei solch eindeutigen Belegen versteht es sich dann natürlich von selbst, keine weiteren Fragen an den Herrn von der Arbeitsagentur zu stellen. Alles ganz normal.

Ich hab mein Zeitungsabbo jetzt gekündigt, muss mich demnächst also umstellen. Das frei werdende Geld werde ich sicher weiterhin in journalistische Arbeit investieren. Zum Glück gibts da mittlerweile einige gute Alternativen (klein aber fein).